Totgesagte leben länger. mp3 Software, Patente und Lizenzen

Vor kurzem haben wir auf unserer Webseite über das Ende des Lizenzprogramms von Technicolor und Fraunhofer informiert. Was bedeutet dies eigentlich, ist mp3 nun tot, wie häufig zu lesen war? Natürlich nicht! Fakt ist, mp3 ist ein Phänomen, das die gesamte Art und Weise, wie wir Musik konsumieren, verändert hat. Genauso wenig wie in den 90er Jahren der Siegeszug dieser Audiotechnologie aufgehalten werden konnte, kann sie jetzt für tot erklärt werden.

Ein Ende des Lizenzprogrammes bedeutet keinesfalls ein Ende der Nutzungserlaubnis, es ist lediglich das letzte in diesem Lizenzprogramm enthaltene Patent ausgelaufen. Über das „Verfallsdatum“ von mp3 entscheiden also höchstens die Nutzer, die vielleicht irgendwann auf ein moderneres Format, wie AAC, umsteigen, das sich heute in fast jedem Smartphone befindet.

Was hat sich seit dem 23. April konkret verändert?

An diesem Tag lief das letzte der mp3-Kernpatente aus, die Bestandteil des Lizenzprogramms von Fraunhofer und Technicolor waren. Seit den neunziger Jahren hat Technicolor, damals noch Thomson, das Programm der Patentlizenzen betreut und darüberhinaus auch die Lizenzierung der mp3-Software von Fraunhofer übernommen. Wollte beispielsweise ein Hersteller von Unterhaltungselektronik einen mp3-Player auf den Markt bringen, so konnte er Lizenznehmer im Rahmen des mp3-Patentlizenzprogramms von Technicolor werden und dabei ggf. auch eine Lizenz für die Nutzung der mp3-Software von Fraunhofer erwerben. Dieses Lizenzprogramm ist nun also beendet. Hersteller, die bereits mp3-Lizenznehmer gewesen sind, können die lizenzierte Software natürlich problemlos weiter nutzen; sie wurden bereits Anfang 2017 von Technicolor darüber informiert. Sollten sich andere Hersteller für die Nutzung der Fraunhofer mp3-Software interessieren, können sie sich von nun an direkt an das Fraunhofer IIS wenden.

Das Ende des mp3-Lizenzprogramms bedeutet übrigens nicht automatisch, dass alle mp3-Produkte jetzt generell „lizenzfrei“ zu haben sind. Neben den im Lizenzprogramm befindlichen mp3-Kernpatenten kann es nämlich noch implementierungsspezifische Patente geben (oder Patente für andere funktionelle Erweiterungen). Die Hersteller müssen für ihre Produkte diese Situation jeweils selbst bewerten.

Was bringt die Zukunft?

mp3 steht also immer noch mitten im Leben und hat inzwischen Kinder und Enkel bekommen. Das Fraunhofer IIS hat auch mit Hilfe der durch mp3 eingenommenen Lizenzerträge die Forschung an neuen Audiotechnologien weiter vorangetrieben,die zu weltweiten de-facto Standards in den Bereichen Streaming, Digitalradio, TV und Mobilkommunikation geworden sind. Die Codecs der AAC-Familie etwa stecken in Milliarden von Endgeräten und sorgen für beste Audioqualität bei niedrigen Bitraten. Und auch die neueste Generation an Audiotechnologien ist schon am Start: MPEG-H für ein interaktives und einhüllendes Sounderlebnis sowie EVS für glasklare Mobiltelefonie kommen in immer mehr Ländern zum Einsatz.

Wer sich für die mp3-Geschichte interessiert, dem sei die folgende Seite ans Herz gelegt: https://www.mp3-history.com/de.html

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